Der Tag nach dem Halbmarathon

Ein Tag nach dem Halbmarathon und ich darf voller Stolz verkünden:

ICH HABE ES GESCHAFFT!!!!! 1 Jahr und 1 Tag nach meiner Diagnose bin ich diesen unglaublich laaaangen und herausfordernen Halbmarathon gelaufen.

Meine Medaille - ich war dabei!!!!

Es waren 11.137 Läuferinnen und Läufer aus 34 Nationen und ich habe Platz Nr. 6.199 belegt und das, meine lieben Freunde auch nur, weil mein Crew HINTER mir ins Ziel gelaufen ist, absichtlich wohlgemerkt.
In meiner Altersklasse hab ich Platz Nr. 221 belegt, haaaaaaa ;-)

Ich bin so durch, Leute. Es war unglaublich. Das Wetter alles andere als kirschenfreundlich. Der Wind enorm und ab und an fiel Regen. Ich kann es heute selbst kaum glauben, dass ich 21,1 km gelaufen bin.

Beginnen wir am Sonntagmorgen:

Der Tag beginnt recht unruhig in Cherryland. Unsere Toilette wird stark frequentiert. Das Adrenalin bläst die Gedärme ordentlich durch.

Wir erreichen den Ort des Geschehens um ca. 9.30 Uhr. Es pilgern tausende Laufverrückte freiwillig Richtung Messehallen Freiburg. Die spinnen doch, die sind alle irre. Alle Altersklassen, alle Religionen, alle Gewichtsklassen und Hautfarben. Die Ehrfurcht vor diesem "Projekt" lässt meine freche Klappe verstummen. Am liebsten würde ich umkehren - ich habe Angst!
Coach Harry und seine bezaubernde Frau Carmen

Stefan, der eigentlich vieeeeeeel schneller laufen kann


kurz vor dem Start....da lache ich noch
 

Wir treffen auf Teammitglieder. Mädels, die sich für die Staffel angemeldet haben und die ich Jahre nicht gesehen habe. Der helle Wahnsinn! 
Die Mädels vom SV Mariazell

Gegen 11.30 Uhr startet das Projekt "run for my personal life". Die ersten Kilometer gehen gut. Meine Truppe scherzt und der männliche Teamanteil flirtet mit Mädels, die uns überholen. Der Marathon is ne Partnerbörse sag ich euch. Da wird gelächelt, geschubst, gesmalltalkt, mit Bananen telefoniert, hahahahaha.

Anfangs läuft Helmut aus Köln Porz in unserem Pulk mit. Helmut ist der helle Wahnsinn. Er hat nen Seehundbart, alte Turnschuhe und ne graue Jogginghose an. Sein Laufstil ist unglaublich, Modell Spargelstecher, mit rundem Rücken und gebückter Haltung. Helmut is unfassbar! Der Typ ist am Ende vor uns im Ziel.
Selbst Chewbaka ist mit Ganzkörperfellkondom auf der Strecke. Bei meiner Frage, ob er denn auch genügend Luft bekäme, entgegnet mir ne ritzerote Laterne durch 2 Sehschlitzen: "Des goht scho"! Und weg ist er. Während ich ihm bewundern nachstarre, stampfe ich wieder stoisch meine Schritte in den Asphalt.

Bei Kilometer 8 beginnen meine Zehen taub zu werden. Es ist recht schwierig mit gefühllosen Zehen zu laufen. Es schmerzt. Bei Kilometer 12 bekomme ich nen Krampf oberhalb der linken Kniekehle.
Achja, wir laufen übrigens noch.....immer weiter......... Nach Kilometer 14 beginnen meine Knie und mein Becken zu schmerzen. Es sticht, als würde jeder Schritt ne Messerklinge durch die Gelenke jagen. Ab Kilometer 18 fange ich an zu heulen und zu fluchen. Die Wörter "FUCK", "SCHEISSDRECK", "ICH BIN DOCH NICHT GANZ DICHT" sind aufgebraucht bis zum St. Nimmerleinstag.

Bei Kilometer 20 schiebt mich Mr. Cherry. Ich bin kurz vor dem Exodus. Ich kann mich kaum auf den Beinen halten vor Schmerzen. Auf der Zielgeraden entdecke ich die wundervollsten Gesichter überhaupt. Meine Familie, liebe Freunde, meine Onkologin und die Onkoschlumpfinen. Ich heule!!!!

Bereits in der Stadt werden wir mit Transparenten und Zurufen von Freunden angefeuert. Das hilft und gibt nochmal Kraft - Grandios!!!! 

Leck doch die ganze Welt am Ar........

Die Zielgerade nehme ich nur noch schemenhaft war. Ich heule und hinke irgendwie durchs Ziel.
ICH HABS GESCHAFFT!
WIR HABEN ES GESCHAFFT!
Ich hätte es NIIIIIIIIIEMALS ohne mein Team geschafft. Carmen, Harald, Franz, Stefan und Mr. Cherry, ich werde euch niemals vergessen was ihr für mich getan habt.
Meine Staffelläuferinnen und Läufer: Ihr wart großartig! Ihr seid mit mir gegen den Krebs gelaufen. Wir haben es alle geschafft! Ich danke EUCH dafür! Es rührt mich heute noch zu Tränen, wenn ich mich an gestern erinnere.

Eine der wunderbaren 4 Staffeln


Sarah und Bettina


Nach dem Lauf sitze ich auf der Bank in der Damenumkleidekabine und kann mich nicht mehr bewegen. Ich ziehe meinen imaginären Hut vor allen Läuferinnen und Läufer des Tages. Heute weiß ich, welche Kraft und welche Disziplin nötig ist, um so einen Lauf zu absolvieren. Die nette Luxemburgerin neben mir schnattert vor Kälte und erzählt mir von ihren Läufen in Barcelona und Lissabon. Training? Nööööööö , braucht sie nicht. Was n Weib - krass!!!!
Ich habe es nur geschafft, weil ihr alle an meiner Seite wart

Ihr wundervollen Supporter, solltet ihr irgendwann meine Hilfe benötigen, meine Unterstützung. Ich werde für euch da sein - versprochen!!!!

Niemals werde ich diesen Tag vergessen, niemals! Ich weiß nicht, ob ich es nochmal tun werde. Gestern hatte ich gesagt NIE wieder. Heute.................mmmmmhhhhhhh, wer weiß, was die Zukunft bringt, zwinker, zwinker :-)

Kleine Anmerkung noch, meine Lieben. Wir hatte einige Ausfälle...krankheits- und verletzungsbedingt. Ihr tollen Weiber...Susi und Birgit....ich DANKE euch und drücke euch ganz fest!!!!!

Mein Tagesfundstück für heute:

Genau so hätte das aussehen müssen, Menno!!!!

 
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Meldung aus dem Kirschkloster

Hallo Deutschland, Hallo Welt,

juhhuuu, ich winke ....kuckt doch, ganz wild und feste. Alles in Ordnung....läuft bei mir! Mir geht es gut, macht euch bitte keine Sorgen!

Kurze Erklärung zu meiner Abwesenheit. Ich habe mich ins mentale Cherryhochplateau ins Kirschenkloster zurückgezogen. Ich würde ja gerne klugscheißern, dass ich meinen inneren Zen zurechtgestutzt habe und mich Healing Gesängen hingegeben habe - is aber gelogen. Es war simpler. Kompletter Fokus auf mein Lauftraining.

Für diese 21 km musste ich schon n paar zusätzliche Kräfte anzapfen, und zwar genau die, welche sich normalerweise im Untergrund volllaufen lassen. Mir wurde wirklich die letzten Wochen klar, dass ich meinen Blick völlig crazy nur noch auf den Lauf richte.

Morgens aufstehen .....Training - Ernährung - blutende Fussnägel - schmerzende Knochen - Strecke machen.

Nach kommendem Sonntag habe ich fertig; bin bedient!

Ich hoffe, euch danach n paar schicke Fotos zeigen zu können. Habt bitte diese Woche noch Geduld mit mir. Ich muss mich noch 3 Tage zusammenreißen, 3 Tage pushen und 3 Tage an mich glauben, danach bin ich wieder voll und ganz DA!

Fühlt euch gedrückt und denkt Sonntag mal an mich! Wir sehen, hören und lesen uns, zwinker, zwinker :-)

Mein Tagesfundstück ist heute ein Geschenk von meinen lieben Schweizer Freunden Pia und Martin. Ich liebe die beiden. Ihr Herz ist so groß wie das Schweizer Bankgeheimnis.
is das nicht cool

Nachtrag:
Bin ein undisziplinierter Schwächling. Habe soeben ein Überraschungsei nach 20.00 Uhr gegessen.
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